[Werbung – die Kosten für die Tour und das Auswandererhaus wurden übernommen]
So viel dann zu “Der Post kommt noch diese Woche!”. Da hat mir die Technik einen Strich durch die Rechnung gemacht und ich hatte in Berlin keinen Zugriff auf meine Fotos. Nun aber! Heute möchte ich euch etwas zu meinen Ausflügen am Wochenende der Aktion “Unsere Stadt. Unser Wochenende!” erzählen. Während eine Übernachtung in der eigenen Stadt nicht unbedingt etwas für jedermann ist und geplant sein will, gibt es Attraktionen in Bremerhaven, die man durchaus auch spontan machen kann und bei jedem Wetter. Ausflugsziele, die auch die Bremerhavener unbedingt kennen sollten – den Hafenbus und das Auswandererhaus.
Am Samstag Nachmittag stand ich gegen 14 Uhr am Deutschen Schiffahrtsmuseum mit einer Freundin bereit und habe auf die Ankunft des Doppeldeckers gewartet. Ich kannte den Bus schon länger, da er auch immer bei mir am Haus vorbei fährt, aber ich habe es bisher nicht geschafft, auch die Hafentour mitzumachen. Im Nachhinein frage ich mich, wieso, denn es war großartig! Die Route führt vom Fischereihafen über das Schiffahrtsmuseum und den Zoo in den Hafen und zu dessen Containerterminals. Der Bereich ist vermutlich einer der am besten gesicherten Bereiche der Republik. Die Zäune sind enorm hoch, überall Kameras und Sicherheitspersonal. Da rein zu kommen, wenn man nicht gerade dort arbeitet, ist also gar nicht mal so einfach. Mit dem Hafenbus bekommt man jedoch Einblicke, die einem ansonsten verwehrt bleiben. Hinzu kommen ganz wunderbare Hintergrundinfos, die man während der Fahrt über die Lautsprecher hören kann. Wusstet ihr zum Beispiel, dass der Hafen zur Stadt Bremen gehört und mit Bremerhaven, abgesehen der Arbeitskräfte, die gestellt werden, nur wenig zu tun hat? Oder dass Bremerhaven auch den Spitznamen “Vorort von New York” hat, weil von hier viele Kreuzfahrtschiffe gestartet sind?
Im letzten Jahr wurden 2,2 Millionen Autos im Hafen umgeschlagen und den Trubel bekommt man vor Ort auch mit, selbst am Wochenende. Besonder beeindruckend fand ich den High and Heavy Bereicht, wo nicht nur Baustellenfahrzeuge und Kräne stehen sondern auch diverse Militärfahrzeuge verschiedener Länder. Hier kann es durchaus auch einmal vorkommen, dass ein asiatisches Feuerwehrauto oder Ähnliches verladen wird. Da viele der Fahrzeuge auch nach Amerika gehe, wird das Gebiet regelmäßig auf amerikanische Sicherheitsstandards überprüft. Würde da einmal etwas schief laufen, fielen mit einem mal 60 % des Handels weg.
Zugegeben: es wäre jetzt reichlich uninteressant, wenn ich euch alle Fakten über den Hafen hier präsentieren würde. Dann bräuchtet ihr keine Tour mehr machen. Deswegen halte ich mich an dieser Stelle kurz. Wusstet ihr zum Beispiel, dass die meisten Transportschiffe nur 32 Meter breit sind, weil sie sonst nicht durch den Panama Kanal passen? Oder dass eine Containerbrücke 12 Millionen Euro kostet? Ich fand es unheimlich spannend, mir diese ganzen Fakten anzuhören. Da ich sowieso ein kleiner Statistik-Freak bin, war das für mich ein kleines Träumchen! Die Bremerhavener Kaje ist übrigens auch die längste an einem Fluss gelegene Kaje – und da kann man eine Menge entdecken. Aus dem Bus hat man, vor allem oben, auch immer eine sehr gute Sicht auf alles. Es fahren Van Carrier an einem vorbei, die viel viel höher sind, als man denken mag und immer zu stapeln sich die Container um. Das Geschehen an der Kaje ist wie ein großer Ameisenhaufen, der geordnet aber zielgerichtet funktioniert. Einfach faszinierend! Ich kann wirklich nur jedem eine Fahrt mit dem Bus empfehlen. Tickets gibt es online oder an der Tourist-Info, oder auch am Bus für 11,50 Euro. Da die Fahrten aber oft ausgebucht sind, solltet ihr rechtzeitig Tickets kaufen oder zumindest reservieren.
Wer sich Informationen lieber selbst erarbeitet und Wissen mehr anfassen als anschauen möchte, sollte ein Besuch im Deutschen Auswandererhaus in Betracht ziehen. Seitdem ich hier in Bremerhaven wohne, hatte ich den Wunsch, das Museum zu besuchen. Ich hatte bisher nur Gutes gehört und kann mich dem nach meinem Besuch nun auch nur anschließen. Ich bin wirklich kein Museumsfan, aber die Art und Weise, wie das Auswandererhaus aufgebaut ist, die Fakten und das Wissen, welches vermittelt werden und die Geschichten, denen man folgen kann, sind einfach absolut besonders. Seit einiger Zeit werden nicht nur die Geschichten von Auswanderern sondern auch die von Einwanderern erzählt, was ich in der heutigen Zeit besonders wichtig finde. Aktuell werden sogar Flüchtlingsgeschichten eingepflegt.
Am Eingang erhält man eine Karte, auf der die Informationen über den eigenen Aus- bzw. Einwanderer gespeichert sind. Man bekommt während der Ausstellung nämlich nicht nur Informationen allgemein über Auswanderungen und Einwanderungen sondern begleitet zwei Personen auf ihrer ganz persönlichen Reise. Während meine Begleitperson einen Herren aus dem späten 19. Jahrhundert hatte, habe ich Martha Hüner begleitet, die 1923 nach Amerika ausgewandert ist. Die Geschichte der Person kann man besonders in der Galerie der 7 Millionen und später auf Ellis Island verfolgen. Dazwischen liegen Jahre der Auswanderergeschichte und die Entwicklung von kleinen Booten auf engem Raum mit wenig Vorräten bis hin zu Tourismus-Kreuzfahrten in die USA.
Mehr als 7 Millionen Auswanderer traten zwischen 1830 und 1974 ihre Reise von Bremerhaven aus an. Von hier ging es nicht nur nach Amerika sondern auch nach Kanada, Brasilien, Argentinien oder Australien. Da Bremerhaven einen ganz besonderen Bezug zu New York und Amerika hat – viele Amerikaner leben noch immer hier –, werden besonders diese Geschichten thematisiert. Besonders das Erlernen der englischen Sprache hatte damals eine große Bedeutung und es gab vielerlei Bücher mit Aussprachebeispielen. Besonders erschreckend fand ich jedoch, dass die Passagiere ihr Hab und Gut wirklich nur in einen Koffer getan haben. Viel mehr konnte nicht mitgenommen werden. In den Anfängen kamen sogar noch Matratze und Decke hinzu, was nicht an Board war, bevor es irgendwann gesetzlich zur Ausstattung des Schiffes gehörte. Nur das wichtigste kam mit auf die Reise des Lebens, eventuell sogar auf die bedeutendste Reise ohne Rückkehr. Wer heute auswandert, reist meist mit schwerem Gepäck und allem, was wichtig ist … soweit möglich.
Was damals Gang und Gebe war – mit mehreren Leuten in einer Koje –, ist heute nicht mehr vorstellbar. Aus vielen Auswandererschiffen sind Kreuzfahrtschiffe entstanden und der Kreuzfahrttourismus boomt wie nie zuvor. Auch in Bremerhaven legen heute noch jährlich viele Kreuzfahrtschiffe an und an unserer Hochschule kann man sogar Cruise Tourism Management studieren. Es hat alles an Bedeutunug gewonnen. Und doch, wenn man das eigene Land verlässt und in einem neuen Land Fuß fassen will, ist auch heutzutage nicht alles rosig.
So, wie in Deutschland ein Einbürgerungstest gemacht werden muss, musste auch damals in Amerika ein Test gemacht werden, der entschied, ob man in das Land einreisen durfte. Wer in der ersten Klasse reiste, musste nicht einmal lang warten. Nach einigen Formalitäten und einem Besuch beim Arzt ging es direkt weiter. Von Ellis Island war die Weiterreise jedoch oft noch sehr mühsam. Besonders in den Anfängen waren die zentralen Bahnhöfe noch weit von der Anlegestelle entfernt, die Wartesäle voll und die Zeit bis zur Weiterreise lang. Wo man heute die besten Anbindungen hat, waren früher noch lange Wege zu Fuß oder mit anderen mühseligen Maßnahmen nötig, um an das eigentliche Ziel zu gelangen. Marta Hüner, meine Auswanderin, kam jedoch sehr gut und zufrieden nach knapp zwei Wochen bei ihrer Familie in New York an.
Mein Einwanderin war Mai Phuong Kollath. Sie kam 1981 aus Vietnam als Arbeiterin nach Deutschland und hatte es nicht immer leicht. Sie verschwieg ihrem Arbeitgeber unter anderem eine Schwangerschaft, da dies damals ein Abschiebegrund war. Ihre gesunde Tochter ist heute erwachsen und die Familie lebt weiterhin in Deutschland, wo sie sich auch für Einwanderer einsetzt. Mai hat sich als Einwanderin in Deutschland durchgekämpft und konnte Fuß fassen, was viele andere damals wie heute nicht können bzw ihnen verwehrt bleibt.
Ich finde es traurig zu wissen, dass die jahrelange Ein- und Auswanderergeschichte Deutschlands so präsent ist und trotzdem so sehr diskutiert wird, wer hier bleiben darf und wer nicht. Wir alle waren einmal Fremde in einer Situation und umso wichtiger finde ich es, Fremde willkommen zu heißen, die teilweise lebensbedrohende Reisen hinter sich hatten. Die Geschichten, die in dem Teil über Einwanderer erzählt werden, sind besonders aus dem späten 20. Jahrhundert, jedoch noch heute wichtig und Teil der deutschen Geschichte. Die Zeit ist ganz wundervoll in dem Bereich der Ausstellung festgehalten. Man fühlt sich total zurück versetzt und ich hätte auch gerne eine große Portion Eis für 50 Pfennig! Hier spricht viel Liebe zum Detail und ich finde, dass man merkt, dass nicht nur das Auswandererhaus sondern auch jene Personen, die Geschichten “geschenkt” und Materialien gestellt haben, mit Herzblut dahinter stehen.
Wer will, kann sich am Ende auch noch einen Film im Roxy Kino anschauen, der nicht länger als eine Viertelstunde geht. Hier im Untergeschoss findet man außerdem ein Tonstudio, in dem teilweise Podcasts aufgezeichnet werden und weitere Fakten zur Deutschen Einwanderergeschichte. Ebenso kann man einen Test machen, ob man sich selbst als Sympathisant oder als Gegner von Einwanderern und Flüchtlingen sieht – natürlich alles anonym und so, dass niemand einem über die Schulter linsen kann.
Ich möchte durchaus behaupten, dass das Deutsche Auswandererhaus eines der besten Museen ist, die ich je besucht habe und eine große Bereicherung für die Stadt Bremerhaven. Sicherlich ist es absolut nicht vergleichbar mit einer Kunstausstellung oder aber dem Klimahaus und auch das Deutsche Schiffahrtsmuseum ist total besonders, aber für mich als Museumsmuffel, war das schon was ganz besonderes. Ich bin gespannt, wie sich das Haus in den kommenden Jahren entwickelt und kann mir gut vorstellen, in ein oder zwei Jahren noch einmal wieder zu kommen und dann eine bzw. zwei andere Personen zu begleiten … vielleicht dann sogar eine ganz aktuelle Geschichte.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch nochmals bei der Erlebnis Bremerhaven und dem Auswandererhaus bedanken, die mich so wundervoll betreut und empfangen haben. Ich finde es sehr wichtig, dass das Stadtmarketing nicht nur für den Tourismus sondern auch für die Bremerhavener gestärkt wird und eine Aktion wie “Unsere Stadt. Unser Wochenende!” trägt besonders gut dazu bei. Die beiden Attraktionen waren im Zuge der Veranstaltung für “zwei zum Preis von einem” zu besuchen. Die Eintrittspreise finde ich jedoch auch an sich mehr als gerechtfertigt und würde jederzeit wiederkommen oder noch eine Fahrt mit dem Hafenbus unternehmen. Bremerhaven ist oft grau und regnerisch, aber im Herzen sind wir bunt und fröhlich. Die Stadt trägt Geschichte und die sollte man als Bremerhavener entdecken!
Hafenbus
Zustieg 1: Schaufenster Fischereihafen
Zustieg 2: Havenwelten, am DSM
Zustieg 3: Havenwelten, am Zoo am Meer
Erwachsene – 11,50 Euro | Kinder – 9,60 Euro
Deutsches Auswandererhaus
Columbusstraße 65
27568 Bremerhaven
Erwachsene – 14,80 Euro | Kinder – 8,50 Euro | Ermäßigt – 12,50 Euro
Copyright für das Bild im Containerterminal (erste Collage rechts) – bremenports GmbH & Co. KG
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